Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 2025; 20(01): 6-7
DOI: 10.1055/a-2490-1646
Studienreferate

Periprothetische Infektion: ein- oder zweizeitiger Endoprothesenwechsel?

Contributor(s):
Petri Bellova
Blom AW. et al.
Clinical and cost effectiveness of single stage compared with two stage revision for hip prosthetic joint infection (INFORM): pragmatic, parallel group, open label, randomised controlled study.

BMJ 2022;
379: e071281
DOI: 10.1136/bmj-2022-071281
 

In der Behandlung der periprothetischen Infektion (PPI) stehen sich als kurative Behandlungsoptionen der ein- und zweizeitige Endoprothesenwechsel gegenüber. Während der zweizeitige Wechsel in der Vergangenheit weitgehend als Goldstandard galt, wird – insbesondere in spezialisierten Zentren – der einzeitige Wechsel zunehmend angewendet. Größere Beobachtungsstudien haben bereits vergleichbare Re-Infektionsraten zwischen beiden Verfahren gezeigt, allerdings sind bisher noch keine randomisiert-kontrollierten Studien durchgeführt worden.


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Im Rahmen der INFORM-Studie sollte herausgefunden werden, wie sich patientenbezogene Outcome-Parameter (Patient-Related Outcome Parameters, PROMs) im Vergleich beider Verfahren bei PPI des Hüftgelenks verhalten. Weiterhin sollte die Kosteneffektivität beider Verfahren anhand qualitätsangepasster Lebensjahre und Kosten aus Sicht der Krankenkassen und des Sozialsystems bemessen werden.

Bei der INFORM-Studie handelte es sich um eine pragmatische Parallelgruppen-, Open-Label-, randomisiert-kontrollierte Studie, bei der 12 Zentren aus Großbritannien (GB) und 3 Zentren aus Schweden eingeschlossen wurden. Primärer Outcome-Parameter war der WOMAC-Score nach 18 Monaten. Sekundäre Outcome-Parameter waren u. a. chirurgische Komplikationen und Re-Infektion. Darüber hinaus erfolgte eine ökonomische Evaluation. Die Studie wurde nach einer Intention-to-treat-Methode analysiert.

Aus 1446 gescreenten Patient*innen wurden 140 zur Gruppe „einzeitig“ (Gruppe 1; n = 65) oder „zweizeitig“ (Gruppe 2; n = 75) randomisiert, wovon 55 von 65 Patient*innen (85%) in Gruppe 1 sowie 68 von 75 Patient*innen (91%) in Gruppe 2 die geplante Intervention erhielten. 126 von 140 Patient*innen konnten das maximale Follow-up (FU) von 18 Monaten komplettieren (59 in Gruppe 1, 67 in Gruppe 2). Gründe für ein Drop-out waren bei 7 Patient*innen Tod (Gruppe 1: 2, Gruppe 2: 5) sowie bei 7 Patient*innen Rückzug aus der Studie (Gruppe 1: 4, Gruppe 2: 3).

Ergebnisse

Nach 18 Monaten zeigte sich hinsichtlich des WOMAC kein Unterschied (75,2 vs. 75,7; p = 0,98), allerdings war der WOMAC 3 Monate postoperativ in Gruppe 1 um 12 Punkte erhöht (p = 0,003). Nach dem 7. Monat zeigte sich kein Unterschied mehr zwischen den beiden Gruppen.

Hinsichtlich der sekundären Outcome-Parameter fand sind kein Unterschied in der PPI-bedingten Reoperationsrate (9% Gruppe 1 vs. 12% Gruppe 2; p = 0,55). 14% in Gruppe 1 und 11% in Gruppe 2 zeigten zum 18-Monats-FU mindestens 1 Zeichen einer möglichen Infektpersistenz. Insgesamt fanden sich weniger Gesamtkomplikationen (42% vs. 57%; p = 0,04) sowie weniger intraoperative Komplikationen (8% vs. 27%; p = 0,01) in Gruppe 1, was vor allen Dingen intraoperative Frakturen/Fissuren umfasste. EuroQol-5D-5L-Werte für die GB-Kohorte zeigten, dass Patient*innen in Gruppe 1 eine graduelle Verbesserung nach 3 Monaten aufwiesen, während für Patient*innen in Gruppe 2 die Verbesserung erst nach 6 Monaten begann. Schließlich stellte sich der zweizeitige Wechsel sowohl aus Sicht der Kostenträger (1,3×) als auch aus Sicht des Sozialsystems (1,2×) als kostenintensiver heraus mit Mehrkosten von durchschnittlich 11167 £.

Als Limitation der Studie ist zu nennen, dass die Infektions-Eradikations-Rate nicht primäres Outcome dieser Studie war, da unter diesen Umständen die Studie hätte deutlich größer ausfallen müssen. In Zukunft kann diese Frage ggf. durch eine Metaanalyse mehrerer vergleichbarer Studien beantwortet werden. Ein Follow-up von mehr als 18 Monaten hätte ggf. spätere Komplikationen und Infektionen aufdecken können, allerdings erreichten die WOMAC- und EuroQol-5D-5L-Scores bei 18 Monaten ein Plateau, sodass eine Verbesserung darüber hinaus eher nicht zu erwarten wäre. Weiterhin wurde die Diagnose einer PPI nach Ermessen der behandelnden Ärzt*innen gestellt - was gängige Praxis in GB und Schweden ist - und nicht nach klaren Definitionskriterien (z. B. EBJIS).

Als Stärke der Studie ist zu nennen, dass Patient*innen nicht auf Grundlage des verursachenden Erregers oder klinischer Ausprägungen, wie z. B. einer Fistel, selektioniert wurden, was suggeriert, dass diese Faktoren keinen Einfluss auf das Ergebnis hatten.

Fazit

Während vorausgegangene Studien vergleichbare Re-Infektionsraten zwischen ein- und zweizeitigem Endoprothesenwechsel aufzeigen konnten, haben Daten zu PROMs bisher weitgehend gefehlt. Die INFORM-Studie zeigte 18 Monate nach ein- bzw. zweizeitigem Wechsel für PPI des Hüftgelenks keinen Unterschied hinsichtlich Schmerz, Funktion und Steifigkeit. Jedoch zeigte der einzeitige Endoprothesenwechsel eine schnellere Wiederkehr von Funktion und Schmerzreduktion und ist mit weniger intraoperativen Komplikationen und einer höheren Kosteneffektivität vergesellschaftet. Die Ergebnisse dieser Studie könnten den Stellenwert des einzeitigen Endoprothesenwechsels weiter unterstützen.


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Dr. med. Petri Bellova, Dresden


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Publication History

Article published online:
04 February 2025

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