Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/a-2332-6285
Tranexamsäure hemmt nicht die Ausdehnung von intrazerebralen Hämorrhagien
Tranexamic acid versus placebo in individuals with intracerebral haemorrhage treated within 2 h of symptom onset (STOP-MSU): an international, double-blind, randomised, phase 2 trial.
Lancet 2024;
23: 577-587
DOI: 10.1016/S1474-4422(24)00128-5
Hirnblutungen kommen zwar seltener vor als ischämische Schlaganfälle, bergen aber ein höheres Mortalitäts- und Morbiditätsrisiko. Wäre es möglich, die Ausdehnung der Hämorrhagien einzudämmen, könnte die Prognose der Patient:innen entscheidend verbessert werden. Vorausgehende Studien hatten auf mögliche günstige Effekte von Tranexamsäure (TXA) in diesem Zusammenhang hingewiesen. Eine aktuelle Phase-2-Studie konnte dies aber nicht bestätigen.
#
In die multizentrische Stopping Intracerebral Haemorrhage with Tranexamic Acid for hyperacute Onset Presentation including Mobile Stroke Units (STOP-MSU) Studie wurden zwischen 2018 und 2023 insgesamt 201 Patient:innen mit akuten spontanen intrazerebralen Blutungen aufgenommen, die in einer Computertomografie ohne Kontrastmittel erkennbar waren. Voraussetzung für den Studieneinschluss war, dass eine Behandlung innerhalb von 2 Stunden nach Beginn der Symptomatik erfolgen konnte. Zu den Ausschlusskriterien zählten Hirnstammblutungen sowie Hämorrhagien mit einem Volumen >70 ml. Außerdem konnten Patient:innen mit <8 Punkten auf der Glasgow Coma Scale nicht an der Studie teilnehmen und es durften in den vorausgehenden 72 Stunden keine oralen Antikoagulanzien eingenommen worden sein. Der Altersmedian lag in der Kohorte bei 66 Jahren und 41% der Patient:innen waren Frauen. Es erfolgte eine doppelt verblindete 1:1-Randomisierung in eine Interventionsgruppe, in der die Patient:innen TXA erhielten, und eine Placebogruppe. Die Behandlung mit TXA erfolgte innerhalb von 2 Stunden nach Beginn der Symptomatik als 10-minütige Infusion von 1 g TXA und einer nachfolgenden Dauerinfusion von 1 g TXA über einen Zeitraum von 8 Stunden. Patient:innen der Placebogruppe erhielten nicht unterscheidbare Infusionen ohne diesen Wirkstoff. Nach 24 Stunden (18–30 Stunden) war eine erneute Computertomografie vorgesehen, bei der das nun vorliegende Volumen der Hämorrhagie bestimmt wurde. Primärer Studienendpunkt war eine Zunahme der Hämorrhagie, die als Volumenzuwachs um 33% bzw. um mindestens 6 ml definiert wurde. Zu den sekundären Endpunkten zählten die funktionellen Ergebnisse, die anhand der modifizierten Rankin Skala (mRS; Score von 0–6) bestimmt wurden. Sicherheitsendpunkte waren die Mortalität innerhalb von 7 bzw. 90 Tagen sowie schwerwiegende thrombembolische Komplikationen innerhalb von 90 Tagen.
Ergebnisse
Im Median kam es in beiden Studiengruppen innerhalb von 24 Stunden zu einer absoluten Zunahme der Hämorrhagien um 1,2 ml. In der Placebogruppe erlitten 38% der Studienteilnehmer:innen eine Volumenzunahme und in der Interventionsgruppe belief sich dieser Anteil auf 43%; der Unterschied war nicht statistisch signifikant. Auch die funktionellen Ergebnisse konnten, gemessen an der mRS, durch die Gabe von Tranexamsäure nicht verbessert werden. So waren die Anteile der Patient:innen mit einem mRS von 3 bzw. 4 nach 90 Tagen oder jeweils einem mRS ohne Veränderung zum Ausgangsbefund in beiden Studiengruppen vergleichbar (32 vs. 30% bzw. 48 vs. 51%). Bei 1% der Placebogruppe und bei 3% der Interventionsgruppe traten innerhalb von 90 Tagen schwerwiegende thrombembolische Ereignissen auf. In beiden Studiengruppen verstarben jeweils 8% der Patient:innen innerhalb von 7 Tagen nach dem hämorrhagischen Schlaganfall. Nach 90 Tagen belief sich die Gesamtmortalität auf 15% bzw. 18%. Auch die Unterschiede dieser Sicherheitsendpunkte erreichten keine statistische Signifikanz. Subgruppenanalysen waren aufgrund der kleinen Kohortengröße nicht möglich.
Die intravenöse Gabe von TXA innerhalb von 2 Stunden nach der Manifestation einer intrazerebralen Hämorrhagie konnte die Ausdehnung der Blutung innerhalb von 24 Stunden nicht eindämmen. Auch die funktionellen Ergebnisse konnten nicht verbessert werden. TXA sollte derzeit bei hämorrhagischen Schlaganfällen nicht routinemäßig zum Einsatz kommen, so die Autor:innen. Aktuell laufen aber noch größere Studien zum Einsatz von Tranexamsäure bzw. rekombinantem Faktor VIIa, die vor endgültigen Schlussfolgerungen abgewartet werden sollten.
#
Dr. med. Katharina Franke, Darmstadt
#
Korrespondenzadresse
Publication History
Article published online:
08 January 2025
© 2025. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Oswald-Hesse-Straße 50, 70469 Stuttgart, Germany