Frauenheilkunde up2date 2025; 19(01): 41-53
DOI: 10.1055/a-2295-2312
Diagnostik

Die Rolle von Blut- und Speicheltests für die Diagnostik von Endometriose

 

Blut- und Speicheltests spielen eine zunehmend wichtige Rolle in der Diagnose von zahlreichen Erkrankungen. Dieser Artikel beleuchtet ihre Bedeutung als nicht invasive Methoden zur Ergänzung herkömmlicher Verfahren in der Diagnostik von Endometriose. Es werden ihre Genauigkeit, Einsatzmöglichkeiten und ihr potenzieller Einfluss auf die Früherkennung und Behandlung dieser gynäkologischen Erkrankung untersucht.


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Einleitung

Fallbeispiel

Anamnese und körperliche Untersuchung

Frau M. (Name redaktionell geändert, fiktiver Fall), 32 Jahre, G2/P1, stellt sich in unserer Endometriose-Sprechstunde mit seit der Menarche bekannter Dysmenorrhö (NRS 8/10) und stellungsabhängiger Dyspareunie (NRS 6/10) vor. Miktion und Defäkation unauffällig, Dysurie, Dyschezie oder Hämaturie werden verneint. Den Begriff „Endometriose“ hörte die Patientin erstmals von ihrer Gynäkologin, die dies nach Ausschluss anderer Pathologien als Differenzialdiagnose nannte ohne weitere Erläuterung. Frau M. suchte selbstständig nach Informationen und stieß dabei auf unser zertifiziertes Zentrum.

Spekulauntersuchung: Vulva und Vagina unauffällig, Fluor albus ohne pathologischen Befund, keine Erosionen, keine Anzeichen vaginaler Endometriose oder Knoten, Portioektopie ohne Blutung oder Kontaktblutung. Vaginaler pH-Wert und Nativabstrich unauffällig.

Bimanuelle Palpation: keine tastbaren Knoten, leichter Portioschiebeschmerz, aber keine Uteruskantenschmerzen oder Druckdolenz in den Adnexen. Uterus nicht vergrößert, keine tastbaren Raumforderungen im Abdomen.

Digital-rektale Untersuchung: kein Hinweis auf tief infiltrierende Darmendometriose oder ligamentäre Infiltration.

Endometriose ist eine chronische benigne gynäkologische Erkrankung, die durch das Vorhandensein von endometriumähnlichem Gewebe außerhalb des Cavum uteri gekennzeichnet ist. Dieses ektope Gewebe kann sich auf das Peritoneum, die Adnexen oder andere Bereiche innerhalb und außerhalb der Pelvis ausbreiten und sich während des Menstruationszyklus zyklisch verändern [1]. Die genauen Ursachen der Endometriose sind noch nicht vollständig geklärt, aber genetische, immunologische und hormonelle Faktoren scheinen eine Rolle bei der Entwicklung dieser Erkrankung zu spielen [2].

Die Symptome von Endometriosepatientinnen variieren stark je nach Läsionsort und -ausmaß:

  • Oberflächliche Endometriose kann vor allem zu zyklischen abdominellen Beschwerden, insbesondere während der Menstruation (Dysmenorrhö), führen [3].

  • Tief infiltrierende Endometriose, bei der das Gewebe tiefer in die Organe eindringt, kann zusätzlich zu chronischen Beckenschmerzen, Dyspareunie (bei vaginaler Infiltration), Hämato-/Dyschezie (bei Darminfiltration) oder Hämat-/Dysurie (bei Harnblaseninfiltration) führen [4].

Eine exakte Zuordnung der Symptome zu den Unterformen ist allerdings nicht möglich, da beispielsweise Patientinnen ohne vaginale Infiltration häufig eine Dyspareunie angeben oder auch bei peritonealer Endometriose – ohne tiefe Infiltration – Symptome wie Dyschezie und Dyspareunie möglich sind. Somit muss stets die mögliche Variation unabhängig von der Lokalisation beachtet werden. Die Vielfalt der klinischen Präsentationen kann die Diagnose erschweren, da die Symptome oft unspezifisch sind und mit anderen gynäkologischen oder gastroenterologischen/urologischen Erkrankungen überlappen können [5].

Die Diagnose von Endometriose erfordert einen integrierten diagnostischen Ansatz, der auf einer Kombination von Anamnese, klinischer Untersuchung und Bildgebung beruht [6]. Die Anamnese sollte auf das Vorhandensein von zyklischen Beckenschmerzen, Dysmenorrhö, Dyspareunie und anderen typischen Symptomen anhand von endometriosespezifischen Fragebogen abzielen [3] [7]. Bei der klinischen Untersuchung können Hinweise wie zarte oder auffällige Befunde im Bereich des Uterus (Adenomyose), der Adnexen oder des Rektovaginalraums gefunden werden [8]. Bildgebende Verfahren wie transvaginale Ultraschalluntersuchung und Magnetresonanztomografie können verwendet werden, um Endometriome, tief infiltrierende Läsionen oder andere Anomalien im Beckenraum zu identifizieren [9]. Eine definitive Diagnose wird jedoch oft durch eine laparoskopische Untersuchung bestätigt, bei der Läsionen visuell identifiziert und biopsiert werden können [10] [11].

Ein effektiver diagnostischer Algorithmus für Endometriose berücksichtigt die Vielfalt der klinischen Präsentationen und nutzt eine stufenweise Vorgehensweise, beginnend mit einer gründlichen Anamnese und klinischen Untersuchung, gefolgt von gezielter Bildgebung (insbesondere der transvaginalen Sonografie) und einer laparoskopischen Bestätigung (bei Bedarf). [Abb. 1] stellt den diagnostischen Algorithmus schematisch dar.

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Abb. 1 Diagnostischer Algorithmus der Endometriose.
Merke

Das klinische Erscheinungsbild sowie das bildmorphologische Korrelat geben nur Hinweise auf das mögliche Vorhandensein von Endometriose. Die definitive Diagnose kann nur mittels histologischer Sicherung gestellt werden.

Fallbeispiel – Fortsetzung

Transvaginale Sonografie

Der Uterus war antevertiert-anteflektiert und normal groß. Eine diffuse Verdickung des Myometriums mit inhomogener Echogenität sowie Asymmetrie der Uteruswände deuteten auf Adenomyose hin. Keine Myome, Polypen oder Endometriumhyperplasie erkennbar. Allerdings konnten ein „Striae“-artiges dopplersonografisches Perfusionsmuster, hyperechogene subendometriale Linien und Knospen sowie eine myometrane Zystenbildung bei irregulärer oder unterbrochener Junktionalzone festgestellt werden als mögliche Hinweise auf eine Endometriose bzw. Adenomyose.

Im rechten Ovar zeigte sich eine 35 mm große einkammerige Zyste mit homogener „Ground-Glass“-Echogenität, geringer Vaskularisation und randständigen echoreichen Anteilen, die nach IOTA-Kriterien als benigne eingestuft wurde. Die Ovarien waren ansonsten unauffällig, ohne Hinweise auf freie Flüssigkeit im Douglas-Raum oder Blasen-/Darminfiltration.

Die Rolle von Blut- und Speicheltests in der Diagnose von Erkrankungen hat sich in den letzten Jahren stark weiterentwickelt und erweitert. Diese nicht invasiven diagnostischen Methoden bieten eine effiziente und patientenfreundliche Möglichkeit, verschiedene Krankheiten zu identifizieren und zu überwachen [12]. Bluttests ermöglichen die Messung einer Vielzahl von Parametern wie Glukose, Lipidspiegel, Enzymaktivitäten und spezifischen Biomarkern, die auf bestimmte Krankheiten oder Gesundheitszustände hinweisen können. Fortschritte in der Technologie haben die Empfindlichkeit und Genauigkeit dieser Tests verbessert, was ihre Anwendung für eine breitere Palette von Erkrankungen, einschließlich Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Infektionen, ermöglicht [13]. Speicheltests sind eine vielversprechende Ergänzung zu Bluttests, da sie weniger invasiv sind und leichter zu sammeln. Speichelproben können ebenfalls verwendet werden, um Biomarker für verschiedene Krankheiten zu identifizieren, einschließlich Diabetes, HIV und Autoimmunerkrankungen. Zusätzlich ermöglichen neue Entwicklungen in der Genomik und Proteomik die Entdeckung spezifischer genetischer oder proteinbasierter Marker im Speichel, die auf erbliche Erkrankungen oder Krankheitsrisiken hinweisen [14]. Diese fortschrittlichen diagnostischen Ansätze verbessern nicht nur die Früherkennung und Überwachung von Krankheiten, sondern könnten auch zu einer personalisierten Medizin beitragen, indem sie individuelle Risikofaktoren und Behandlungsansätze berücksichtigen. In diesem Artikel sollte der Einsatz von Blut- und Speichelproben im Kontext der Endometriosediagnostik diskutiert werden.

Fallbeispiel – Fortsetzung

Patientengespräch

Aufgrund der klinischen Symptomatik wurde Frau M. bei sonografisch V. a. Adenomyosis und ovarielle Endometriosezyste eine diagnostische Laparoskopie mit ggf. Endometriosesanierung angeboten. Die Patientin erwähnte Blut- und Speicheltests, die angeblich eine Endometriose diagnostizieren können. Es wurde darauf hingewiesen, dass solche Tests bisher nicht zuverlässig sind und Leitlinien ihren Einsatz nicht empfehlen.

Da die Patientin einer Operation skeptisch gegenüberstand, wurde auf die Option einer hormonellen Therapie hingewiesen, die laut aktuellen Empfehlungen ohne histologische Sicherung begonnen werden kann. Die Patientin lehnte diese aufgrund früherer negativer Erfahrungen ab.

Zur Schmerztherapie wurden NSAR angeboten, ergänzt durch Novaminsulfon und Ibuprofen bei Bedarf. Abschließend äußerte die Patientin Enttäuschung über die begrenzten Behandlungsoptionen in der Spezialsprechstunde.


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Bluttests zur Diagnose von Endometriose

Fallbeispiel – Fortsetzung

Externe Durchführung von Speichel- und Bluttests

Nach Internetrecherche fand Frau M. eine gynäkologische Praxis, die Speichel- und Bluttests zur Endometriosediagnostik anbot. Während einer 10-minütigen Beratung wurde ihr erklärt, dass im Speichel bestimmte RNA-Moleküle gemessen werden können, die auf Endometriose hindeuten. Details zur Blutuntersuchung blieben vage. Die Kosten beliefen sich auf 1000 Euro. 2 Wochen später erhielt sie die Ergebnisse: Der Speicheltest zeigte erhöhte MicroRNA-Werte, die laut Labor auf Endometriose hindeuteten. Im Blut waren der antiendometriale Antikörperspiegel sowie die Tumormarker CA 125 und CA 19‑9 dreifach erhöht.

Da ihr in der Beratung erklärt worden war, dass diese Ergebnisse in Kombination die Diagnose Endometriose bestätigen würden, fühlte sie sich in ihrer Entscheidung bestätigt. Mit derzeit erträglichen Beschwerden bestand kein akuter Behandlungsbedarf.

Blutbiomarker spielen eine entscheidende Rolle bei der Diagnose und Überwachung von unterschiedlichen Erkrankungen. Obwohl die Labortests von Blutproben ein gängiges Verfahren in der klinischen Entscheidungsfindung sind, bleibt ihr spezifischer Nutzen für die Diagnose von Endometriose unklar. Neueste Arbeiten haben sich somit auf die Identifizierung zuverlässiger immunologischer, genetischer und biochemischer Biomarker fokussiert ([Tab. 1]) [15] [16] [17] [18].

Tab. 1 Blutbiomarker für Endometriose.

Wirkmechanismus

Biomarker

AMH = Anti-Müllerian-Hormone; BCL = B-Cell Lymphoma; CA = Cancer Antigen; Endocan = Endothelial Cell-specific Molecule 1; FGF-2 = Fibroblast Growth Factor-2; GM-CSF = Granulocyte-Macrophage Colony-stimulating Factor; hs-CRP = high sensitive C-reactive Protein; IFN-gamma = Interferon-gamma; IGFBP-3 = Insulin-like Growth Factor-binding Protein-3; LN-1 = Laminin-1; MCP-1 = Monocyte Chemotactic Protein-1; MIF = Macrophage Migration inhibitory Factor; MMP = Matrixmetalloprotease; NLR = Neutrophil-to-Lymphocyte Ratio; PDIK1L = PDLIM1 Interacting Kinase 1 Like; sCD23 = Soluble CD23; sICAM-1 = soluble Form of Intercellular Adhesion Molecule-1; SLP = Stomatin-like Protein; SNP = Single Nucleotide Polymorphisms; TGF-β = Transforming Growth Factor β; TIMB = Tissue Inhibitor of Metalloproteinase; TMOD = Tropomodulin; TNF-alpha = Tumor Necrosis Factor alpha; TPM = Tropomyosin; VCAM-1 = Vascular Cell Adhesion Molecule-1; VDBP = Vitamin D Binding Protein; VEGF = Vascular Endothelial Growth Factor

Angiogenese und Wachstumsfaktoren

Glycodelin, IGFBP-3, VEGF, TGF-β, Urocortin, Angiogenin, GM-CSF, FGF-2, Activin

Apoptose

Survivin, BCL2

Zelladhäsion

sICAM-1, LN-1, VCAM-1, E-Cadherin, Osteopontin, Zytokeratin, Fibronektin, TIMP-1, MMP

Hormone

Prolactin, Cortisol, Östrogene, luteinisierendes Hormon, Leptin, AMH

Inflammation

antiendometriale Antikörper, Anti-Laminin Autoantikörper, Anti-SLP2-Autoantikörper, Anti-TMOD3-Autoantikörper, Anti-TPM3-Autoantikörper, Anti-PDIK1L-Autoantikörper, Anti-alpha-Enolase-Autoantikörper, sCD23, MCP-1, Copeptin, hs-CRP, IFN-gamma, MIF, TNF-alpha, NLR, Leukozyten, Interleukine, Zytokine, Chemokine, Endocan

oxidativer Stress

Carbonyle, Thiole

Genexpression

SNP, MicroRNA, Exosome, zirkulierende zellfreie DNA, mitochondriale DNA, lange nicht kodierende RNA

Tumormarker

CA 15‑3, CA 19‑9, CA 125

nicht spezifisch

Follistatin, Syntaxin-5, VDBP, Aminosäuren, Haptoglobin

Die Studien untersuchten verschiedene Biomarker, um endometriosebezogene Veränderungen im Blut zu identifizieren. Jedoch zeigten die meisten dieser Biomarker, auch bei verschiedenen Grenzwerten, keine ausreichende Sensitivität und Spezifität, um als zuverlässige Ersatz- oder Triage-Tests für die Diagnose dieser Erkrankung zu dienen. Nur 4 Biomarker wurden in einer für eine Cochrane-Metaanalyse ausreichenden Anzahl von Studien untersucht. Cancer Antigen 125 (CA 125) war einer der am häufigsten untersuchten Biomarker, jedoch konnte kein Grenzwert gefunden werden, der die Anforderungen an einen zuverlässigen Diagnosetest erfüllte. Ähnlich erging es Cancer Antigen 19‑9 (CA 19‑9), dessen Sensitivität zu niedrig war, um als zuverlässiger Test zu dienen, selbst bei einem spezifischen Grenzwert von > 37,0 U/ml. Interleukin-6 (IL-6) und antiendometriale Antikörper zeigten ebenfalls unbefriedigende diagnostische Werte und konnten nicht als Ersatz- oder Triage-Tests für die Endometriosediagnose qualifiziert werden [15].

Fallbeispiel – Fortsetzung

Weiterer Verlauf

Aufgrund schwerer privater Belastungen konnte sich die Patientin 2 Jahre lang nicht um ihre Gesundheit kümmern und nahm bei Schmerzen nur gelegentlich Ibuprofen ein. Wegen einer unbeabsichtigten Gewichtsabnahme und eines aufgeblähten Abdomens suchte sie schließlich ihren Hausarzt auf. Dieser diagnostizierte sonografisch Aszites und veranlasste eine Abdomen-CT.

Die CT zeigte mäßig freie Flüssigkeit im Abdomen und ein vergrößertes rechtes Ovar (7 × 5 cm) mit einer suspekten Zyste, die solide und zystische Komponenten sowie unregelmäßig verdickte Wände und Septierungen aufwies. Das linke Ovar sowie Leber, Gallenwege u. -blase, Milz, Pankreas, Nebennieren, Nieren, Darm und große Gefäße waren unauffällig.

Die Ergebnisse deuteten auf eine ernst zu nehmende Pathologie im rechten Ovar hin, die weiter abgeklärt werden musste.

Da die Endometriose eine chronisch-inflammatorische Erkrankung repräsentiert, scheinen immunologische Veränderungen bei den Immunzellpopulationen, Zyto-/Chemokinen und Akutphase-Proteinen mögliche Ansatzpunkte im Rahmen der Etablierung diagnostischer Blutmarker zu sein. Glykoproteine sind an der Adhäsion bzw. Invasion von Endometriosezellen beteiligt und scheinen ebenfalls messbare Veränderungen aufzuweisen. Zudem weisen Endometriosepatientinnen hormonelle Veränderungen auf, die in Kombination mit sämtlichen Entzündungsreaktionen und einem alterierten Wachstumsfaktorspiegel zu Angiogenese und Neovaskularisation führen. Weitere verwertbare Blutmarker auf genomischer Ebene stellen RNA, extrazelluläre Vesikel und genetische Faktoren dar [16] [17] [18].

Merke

CA 125, CA 19‑9, IL‑6 und antiendometriale Antikörper sind die am häufigsten untersuchten Blutbiomarker.


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Speicheltests zur Diagnose von Endometriose

Fallbeispiel – Fortsetzung

Weiterer Verlauf


Der Hausarzt überwies die Patientin in eine gynäkologische Klinik. Klinisch zeigte sich ein aufgeblähtes Abdomen mit Aszites und ein druckdolenter Tumor im rechten Unterbauch. Der vaginale Ultraschall bestätigte ein vergrößertes rechtes Ovar (7 × 5 cm) mit komplexer zystischer Struktur, soliden Anteilen, verdickter Zystenwand und Septen, verdächtig auf maligne Transformation, bei unauffälligem linkem Ovar. Es wurde Aszites im Douglas-Raum festgestellt.


Blutuntersuchungen zeigten stark erhöhte Tumormarker (CEA, CA 125, CA 19‑9). Die interdisziplinäre Tumorkonferenz empfahl eine Längslaparotomie mit stadiengerechter Operation. Nach Aufklärung und Einwilligung erfolgte die Operation:

  • Laparotomie: medianer Zugang, Abpunktierung von Aszites zur zytologischen Untersuchung

  • Tumorresektion: Entfernung des rechten Ovars (tumorös infiltriert), des linken Ovars, der Tubae uterinae beidseits, des Uterus (totale Hysterektomie und bilaterale Salpingo-Oophorektomie) ([Abb. 2])

  • Omentektomie: Resektion des großen Netzes aufgrund metastatischer Herde

  • peritoneales Stripping: Entfernung tumorbefallener Peritoneumabschnitte

  • Lymphknoten-Debulking: Entfernung vergrößerter paraaortaler Lymphknoten


Die Operation verlief komplikationslos, makroskopisch wurde Tumorfreiheit erreicht.


In der Nachbesprechung der Tumorkonferenz wurde aufgrund des hohen Rezidivrisikos bei low-grade Ovarialkarzinom eine adjuvante Chemotherapie mit Carboplatin und Paclitaxel empfohlen.

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Abb. 2 Hysterektomiepräparat mit Adnexen beidseits mit im Ovar (rechts) bis 4 cm messenden Infiltraten eines klarzelligen Karzinoms (G3) mit teilweise pseudopapillärer Regression des Tumors in ca. 25% und > 1 cm Tumorperforation des Ovars. Der Tumor möglicherweise auf dem Boden einer Endometriose. Auf der Gegenseite ebenfalls eine Endometriosezyste von 2,7 cm mit fokal Atypien und auch teilweise klarzelligen Eigenschaften darstellbar. Auf dieser linken Seite kein Nachweis eines invasiven Wachstums. Immunhistochemie: p53-Wildtyp. (Die Bilder stammen von einer echten OP aus dem Patientinnenkollektiv des UKER und entsprechen nicht 1:1 dem fiktiven Fall.)
Exkurs

Bedeutung der Tumormarker

Endometriose ist eine chronische Erkrankung, bei der endometriumähnliches Gewebe außerhalb der Gebärmutter wächst, was zu Schmerzen und anderen Symptomen führen kann. Eine der möglichen, aber seltenen Komplikationen von Endometriose ist die Entwicklung eines Ovarialkarzinoms. Es gibt Hinweise darauf, dass Frauen mit Endometriose ein leicht erhöhtes Risiko für bestimmte Arten von Eierstockkrebs, insbesondere das sogenannte Endometrioid- und das Klarzellkarzinom, haben könnten.

Im Fall der Patientin aus dem Fallbeispiel lässt sich eine mögliche Assoziation zwischen ihrer Endometriose und dem später diagnostizierten Ovarialkarzinom erkennen. Als sie sich initial aufgrund ihrer chronischen Schmerzen und anderer Symptome vorstellte, wurden neben der üblichen Bildgebung auch nicht invasive Tests wie Blut- und Speicheluntersuchungen zur Diagnosestellung der Endometriose durchgeführt. Diese Tests zeigten bereits erhöhte Tumormarker, darunter CA 125 und CA 19‑9, die oft mit malignen Prozessen in Verbindung gebracht werden.

Die erhöhte Konzentration dieser Tumormarker hätte möglicherweise als Warnzeichen interpretiert werden können. Während erhöhte Tumormarker bei Endometriose nicht ungewöhnlich sind, insbesondere CA 125, das oft bei Endometriose erhöht ist, können stark erhöhte Werte auch auf ein malignes Geschehen hindeuten. Bei der Patientin aus dem Fallbeispiel wurden diese erhöhten Tumormarker im Zusammenhang mit ihrer Endometriose interpretiert, und es wurde keine unmittelbare weitere Abklärung hinsichtlich eines möglichen Ovarialkarzinoms veranlasst.

Retrospektiv betrachtet könnte man argumentieren, dass diese erhöhten Tumormarker ein frühes Anzeichen für das Vorliegen eines Ovarialkarzinoms gewesen sein könnten. Das Fehlen einer invasiven Diagnostik zu diesem Zeitpunkt, wie eine diagnostische Laparoskopie, die zur histologischen Sicherung und besseren Beurteilung der Tumormarkerwerte hätte durchgeführt werden können, führte möglicherweise zu einer Verzögerung der definitiven Diagnose des Ovarialkarzinoms.

Die Assoziation zwischen Endometriose und Ovarialkarzinom ist komplex und nicht vollständig verstanden. Es wird angenommen, dass chronische Entzündungen und die ständige Zellproliferation bei Endometriose zu genetischen Veränderungen führen können, die das Risiko für maligne Transformationen erhöhen. Der hier vorgestellte Fall verdeutlicht die Herausforderung, zwischen gutartigen und potenziell malignen Befunden bei Patientinnen mit Endometriose zu unterscheiden, insbesondere, wenn erhöhte Tumormarker vorliegen.

Somit zeigt der hier präsentierte Fall, dass erhöhte Tumormarker bei einer Patientin mit Endometriose sorgfältig bewertet und gegebenenfalls durch weitere diagnostische Maßnahmen abgeklärt werden sollten, um eine potenzielle maligne Transformation frühzeitig zu erkennen und entsprechend zu behandeln.

Der Endo-Speicheltest, auch bekannt als ENDO-Test, ist ein neuer diagnostischer Test zur Identifizierung von Biomarkern im Speichel, die mit Endometriose in Verbindung stehen. Diese nicht invasive Methode zielt darauf ab, Endometriose anhand der Analyse spezifischer Moleküle im Speichel zu diagnostizieren. Die Durchführung des Endo-Speicheltests erfolgt durch die Entnahme einer Speichelprobe von der Patientin. Diese Probe wird dann im Labor analysiert, um die Konzentrationen der spezifischen Biomarker zu bestimmen. Die Ergebnisse werden interpretiert, um festzustellen, ob Hinweise auf das Vorhandensein von Endometriose vorliegen, und um möglicherweise auch den Schweregrad der Erkrankung zu bewerten. Der ENDO-Test nutzt eine fortschrittliche Analysetechnik, die auf der Identifizierung von spezifischen Molekülen, insbesondere MicroRNA, im Speichel beruht. Diese Moleküle können aus den Zellen des endometrialen Gewebes freigesetzt und dann im Speichel nachgewiesen werden [19]. Kürzlich wurden neben MicroRNA auch PIWI-interacting RNA (piRNA) beschrieben, deren Konzentration im Speichel wohl Hinweise auf das Vorliegen von Endometriose geben könnten ([Abb. 3]) [20]. Bisher ist dieser Test allerdings eine Selbstzahlerleistung und kostet fast 800 Euro. Die Arbeitsgemeinschaft Endometriose positioniert sich bisher noch vorsichtig zurückhaltend und empfiehlt den Test nicht offiziell [21]. Der Test basiert nämlich auf einer französischen Studie, in der bei 200 symptomatischen Patientinnen prospektiv ein MicroRNA-Profil in Speichelproben untersucht wurde. Dieses Profil, bestehend aus 109 MicroRNA, zeigte charakteristische Veränderungen bei Endometriose. In 150 Fällen wurde eine Endometriose operativ bestätigt, während in 50 Fällen keine Endometriose vorlag. Der Test soll eine Sensitivität von 96,7% und eine Spezifität von 100% haben [19]. Derzeit fehlen jedoch noch Validierungsstudien an größeren Patientinnenkollektiven, die auch asymptomatische Fälle einschließen. Es fehlen zudem bestätigende multizentrische Daten, wobei auch die Frage des Einflusses der Adenomyosis bisher nicht diskutiert wurde [21].

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Abb. 3 Speicheltest zur Diagnose von Endometriose.
Merke

Die Konzentration von MicroRNA und piRNA im Speichel könnte Hinweise auf das Vorliegen von Endometriose geben.

Exkurs

Nachteile von Blut- und Speicheltests

Das Fallbeispiel verdeutlicht mehrere Nachteile der Verwendung von Blut- und Speicheltests zur Diagnose von Endometriose. Diese nicht invasiven Tests sind zwar attraktiv, weil sie einfach und schmerzfrei sind, aber sie haben erhebliche Einschränkungen in Bezug auf ihre Genauigkeit und Zuverlässigkeit.

Erstens, die Sensitivität und Spezifität dieser Tests sind begrenzt. Dies bedeutet, dass sie nicht zuverlässig genug sind, um zwischen Endometriose und anderen Erkrankungen, einschließlich maligner Prozesse wie Ovarialkarzinom, zu unterscheiden. Bei der Patientin wurden die Tumormarker CA 125 und CA 19‑9 im Blut erhöht gemessen. Diese Marker können bei Endometriose erhöht sein, sind jedoch auch bei Ovarialkarzinomen stark erhöht. Die Interpretation dieser erhöhten Werte allein führte nicht zu einer sofortigen weiteren Abklärung, was möglicherweise eine frühere Diagnose und Behandlung des Karzinoms verzögert hat.

Zweitens, die Tests können zu falsch positiven oder falsch negativen Ergebnissen führen. Ein falsch positives Ergebnis kann zu unnötiger Angst und weiteren diagnostischen Maßnahmen führen, während ein falsch negatives Ergebnis das Risiko birgt, eine ernsthafte Erkrankung zu übersehen. In diesem Fall führten die positiven Ergebnisse der nicht invasiven Tests zur Annahme, dass eine Endometriose vorliegt, ohne jedoch andere ernsthafte Diagnosen ausreichend auszuschließen.

Ein weiterer Nachteil ist, dass diese Tests derzeit nicht von medizinischen nationalen und internationalen Leitlinien empfohlen werden. Die wissenschaftliche Evidenz zur Unterstützung ihrer Zuverlässigkeit und Genauigkeit fehlt weitgehend. In dem hier genannten Fall führten die Blut- und Speicheltests nicht zu einer histologisch gesicherten Diagnose, die als Goldstandard für die Bestätigung einer Endometriose gilt. Dies führte zu einer Situation, in der die Patientin glaubte, eine definitive Diagnose zu haben, obwohl die Ergebnisse nicht die gleiche diagnostische Sicherheit bieten wie eine invasive Untersuchung.

Außerdem können solche Tests teuer sein und stellen eine finanzielle Belastung dar, insbesondere, wenn sie aus eigener Tasche bezahlt werden müssen, wie es hier der Fall war. Die hohe Rechnung für die Blut- und Speicheltests führte zu erheblichen Kosten, ohne dass eine klare diagnostische oder therapeutische Klarheit gewonnen wurde.

Zusammengefasst zeigt der hier geschilderte Fall, dass Blut- und Speicheltests zur Diagnose von Endometriose neben bestimmten Vorteilen erhebliche Nachteile haben. Ihre begrenzte Genauigkeit, das Risiko falsch positiver oder negativer Ergebnisse, das Fehlen von Leitlinienempfehlungen und die finanziellen Kosten machen sie zu einer möglichen, allerdings weiterhin suboptimalen Wahl. Eine gründliche klinische Bewertung und, wenn notwendig, invasive diagnostische Verfahren bleiben bisher die verlässlichsten Methoden zur Diagnosestellung und Behandlung von Endometriose.


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Fazit

Zusammenfassend eröffnen Speicheltests im Vergleich zu Blutbiomarkern erstmals vielversprechende Perspektiven für die Diagnostik der Endometriose. Sie bieten eine weniger invasive und kosteneffiziente Alternative, sollten jedoch nicht isoliert eingesetzt werden. Vielmehr empfiehlt sich ihre Integration in einen umfassenderen, nicht invasiven diagnostischen Ansatz, um die Präzision und Verlässlichkeit zu steigern und bei inoperablen Fällen wertvolle zusätzliche Informationen bereitzustellen.

Kernaussagen
  • Speicheltests bieten im Vergleich zu Blutbiomarkern erstmals vielversprechende nicht invasive Ansätze für die Diagnostik der Endometriose.

  • Blutbiomarker wie CA 125, CA 19‑9, IL‑6 und antiendometriale Antikörper wurden intensiv untersucht, zeigen jedoch allein keine ausreichende Sensitivität und Spezifität für eine zuverlässige Endometriosediagnostik.

  • Die Analyse spezifischer Moleküle im Speichel wie MicroRNA und piRNA könnte Hinweise auf das Vorhandensein und den Schweregrad von Endometriose liefern.

  • Blut- und Speicheltests sollten nicht isoliert angewendet werden, sondern zusammen mit Anamnese, klinischer Untersuchung, Bildgebung und gegebenenfalls laparoskopischer Bestätigung, um die Genauigkeit der Diagnose zu verbessern.

  • Die Weiterentwicklung von Blut- und Speicheltests könnte die Früherkennung und Überwachung von Endometriose verbessern und möglicherweise zu einer personalisierten, minimalinvasiven Behandlung beitragen.


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Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen

Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen für diesen Beitrag ist Dr. med. Iason Psilopatis, Erlangen.


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Dr. Iason Psilopatis


Studium der Humanmedizin an der Charité-Universitätsmedizin Berlin (2016-2022), 2023–2024 Arzt in Weiterbildung für Gynäkologie und Geburtshilfe am Universitätsklinikum Erlangen. Publikation von wissenschaftlichen Artikeln in internationalen Fachzeitschriften, Gutachtertätigkeit für medizinische Fachzeitschriften und aktive Teilnahme an internationalen Konferenzen.

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Interessenkonflikt

Erklärung zu finanziellen Interessen
Forschungsförderung erhalten: nein; Honorar/geldwerten Vorteil für Referententätigkeit erhalten: nein; Bezahlter Berater/interner Schulungsreferent/Gehaltsempfänger: nein; Patent/Geschäftsanteile/Aktien (Autor/Partner, Ehepartner, Kinder) an Firma (Nicht‐Sponsor der Veranstaltung): nein; Patent/Geschäftsanteile/Aktien (Autor/Partner, Ehepartner, Kinder) an Firma (Sponsor der Veranstaltung): nein
Erklärung zu nichtfinanziellen Interessen
Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.


Korrespondenzadresse

Dr. Iason Psilopatis
Universitätsfrauenklinik Erlangen
Universitätsstraße 21/23
91054 Erlangen

Publication History

Article published online:
20 February 2025

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Oswald-Hesse-Straße 50, 70469 Stuttgart, Germany


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Abb. 1 Diagnostischer Algorithmus der Endometriose.
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Abb. 2 Hysterektomiepräparat mit Adnexen beidseits mit im Ovar (rechts) bis 4 cm messenden Infiltraten eines klarzelligen Karzinoms (G3) mit teilweise pseudopapillärer Regression des Tumors in ca. 25% und > 1 cm Tumorperforation des Ovars. Der Tumor möglicherweise auf dem Boden einer Endometriose. Auf der Gegenseite ebenfalls eine Endometriosezyste von 2,7 cm mit fokal Atypien und auch teilweise klarzelligen Eigenschaften darstellbar. Auf dieser linken Seite kein Nachweis eines invasiven Wachstums. Immunhistochemie: p53-Wildtyp. (Die Bilder stammen von einer echten OP aus dem Patientinnenkollektiv des UKER und entsprechen nicht 1:1 dem fiktiven Fall.)
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Abb. 3 Speicheltest zur Diagnose von Endometriose.